Kreidezeitliche Klimaevolution des südlichen Ozeans

Austral Cretaceous Climate Evolution - Veränderungen im benthischen Bereich während einer Klimakrise der Oberkreide FWF-Projekt J-4444 | Università degli Studi di Milano (Italien), Universität Wien (Österreich) Das vom Wissenschaftsfonds FWF geförderte Projekt "Austral Cretaceous Climate Evolution" untersuchte Veränderungen von Bodenwasser-Ökosystemen während der Oberkreide, mit einem Fokus auf den australischen Raum und die hohen Breitengrade der Südhemisphäre. Trotz ihrer Bedeutung für das Verständnis globaler Ozeanzirkulationsmuster und der Klimaentwicklung sind diese Regionen in aktuellen Paläoklimamodellen unterrepräsentiert. Im Rahmen des Projekts J-4444 wurden Fossilien benthischer Einzeller (benthische Foraminifern) aus Tiefseebohrungen des International Ocean Discovery Programs (IODP Sites U1512, U1513 und U1516) vor der Südwestküste Australiens sowie in der Great Australian Bight analysiert. Diese Standorte dokumentieren unterschiedliche Paläoumgebungen - von küstennah-marin bis bathyal - und befanden sich während der Oberkreide bei einer Paläobreite von etwa 60 südlich. Mikrofossilien, im Besonderen benthische Foraminiferen, sind äußerst empfindliche Indikatoren für Änderungen in den Verhältnisse im Bodenwasser und liefern ein Archiv der Umweltbedingungen und Klimaänderungen auf der Südhalbkugel. Ein zentrales Ziel war es, die Reaktion benthischer Ökosysteme während und nach dem "Oceanic Anoxic Event 2" (OAE 2) an der Cenoman/Turon Grenze - vor etwa 94 Millionen Jahren - zu untersuchen, das durch massive Kohlenstoffbindung, langanhaltende Temperaturmaxima, weitverbreiteten Sauerstoffmangel und eine Störung des globalen Kohlenstoffkreislaufs gekennzeichnet war. Geochemische Daten stützen die Interpretation schwankender Sauerstoffverhältnisse und deuten auf Bodentemperaturen von bis zu 20C während des OAE 2 in bathyalen Wassertiefen hin. Die Daten zeigen einen Übergang von diversen Foraminiferen-Vergesellschaftungen zu jenen, die von Arten, die vermindete Sauerstoffsättigung tolerieren, dominiert wurden, gefolgt vom nahezu vollständigen Verschwinden benthischer Foraminiferen in dysoxischen Abschnitten. Biostratigraphische Daten aus Foraminiferen-Vergesellschaftungen dokumentieren über weite Teile der Oberkreide hinweg anhaltend warme Bedingungen, mit nur einem leichten, allmählichen Temperaturrückgang. Erst im Santon (~86 Mio. Jahre) ist in der Südhemisphäre ein deutlicherer Abkühlungstrend erkennbar; benthische und planktonische Foraminiferen deuten auf eine Abkühlung von etwa 2C im Bodenwasser und rund 5C an der Oberfläche hin. In diesem Projekt gelang es mit Hilfe mikropaläontologischer und geochemischer Daten Ökosystemveränderungen während Extremklimaphasen der Kreidezeit zu dokumentieren, und zu erfassen, wie benthische Lebensgemeinschaften auf langfristige Umweltveränderungen reagierten. Neue biostratigraphische Daten tragen zur Verfeinerung der Chronologie der Klimaentwicklung auf der Südhalbkugel bei - einer Zeit tiefgreifender tektonischer Umstrukturierungen im Zuge der Auflösung des Superkontinents Gondwana und intensiver vulkanischer Aktivität. Die im Rahmen dieses Projekts gewonnenen Erkenntnisse sind relevant für aktuelle Diskussionen über Ozean-Desoxygenierung und die langfristige Stabilität bzw. Verletzlichkeit von marinen Ökosystemen unter Bedingungen eines sich erwärmenden Klimas.