Symbole auf einer schwarzen Schiefertafel
Die Spezialforschungsbereiche des FWF heben Synergien und bringen Forschungsnetzwerke nach internationalem Maßstab hervor. © iStock

Forscher:innen vernetzen, Schwerpunkte weiter ausbauen und gemeinsam neue wissenschaftliche Bereiche entwickeln: Die Spezialforschungsbereiche des Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF schaffen wertvolle Synergien und fördern Forschungsnetzwerke auf internationalem Niveau. In der aktuellen Ausschreibungsrunde, finanziert mit Mitteln des Fonds Zukunft Österreich, reichten 23 Konsortien ein Konzept zur internationalen Begutachtung ein – fĂŒnf davon konnten einen Vollantrag stellen, und drei werden nun mit einem Fördervolumen von rund 12 Millionen Euro fĂŒr die nĂ€chsten vier Jahre gefördert.

ZusĂ€tzlich zu den drei neuen Netzwerken bewilligte der FWF die VerlĂ€ngerung der Förderung von zwei bestehenden Spezialforschungsbereichen: „Meiose“ (Koordination: Verena Jantsch-Plunger, UniversitĂ€t Wien) und des lĂ€nderĂŒbergreifenden Spezialforschungsbereichs „ComputergestĂŒtztes elektrisches Maschinenlabor“ (Koordination: Annette MĂŒtze, Technische UniversitĂ€t Graz), an dem auch ForschungsstĂ€tten aus Deutschland mit Finanzierung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft beteiligt sind. NĂ€here Informationen zu den verlĂ€ngerten Spezialforschungsbereichen finden Sie auf der FWF-Website. Insgesamt förderte der FWF seit Bestehen des Programms 70 Spezialforschungsbereiche in Österreich.

Drei neue Forschungsnetzwerke nach internationalem Maßstab

Der erste neue Spezialforschungsbereich widmet sich der Krebsforschung und wird von der Immunologin Iris K. Gratz von der Paris Lodron UniversitĂ€t Salzburg koordiniert, Forschende der Medizinischen UniversitĂ€t Wien sind beteiligt. Der zweite Spezialforschungsbereich erforscht neue Möglichkeiten fĂŒr die Quantentechnologie und bringt die Bereiche Atomphysik, Quantenoptik und Vielteilchentheorie zusammen. Forschende der Technischen UniversitĂ€t Wien unter der Koordination des Quantenphysikers Thomas Pohl arbeiten mit Kolleg:innen des Institute of Science and Technology Austria (ISTA), der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der UniversitĂ€t Innsbruck sowie der UniversitĂ€t Wien zusammen. Der dritte Spezialforschungsbereich erforscht die bislang wenig verstandenen unsichtbaren Bestandteile des Universums mit dem Ziel, auf Basis aktueller Beobachtungsdaten Antworten auf ungelöste Fragen der modernen Kosmologie zu geben. Unter der Koordination von Tim Schrabback von der UniversitĂ€t Innsbruck sind Forschende des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) und der UniversitĂ€t Wien Teil des Netzwerks.

Spezialforschungsbereiche stĂ€rken institutionenĂŒbergreifende Zusammenarbeit

Mit den Spezialforschungsbereich-Förderungen zielt der FWF darauf ab, exzellente Forschungsnetzwerke hervorzubringen. Österreichs ForschungsstĂ€tten erhalten die Möglichkeit, vielversprechende Forscher:innen fest zu verankern und das eigene Forschungsprofil zu schĂ€rfen. Das Arbeiten in Teams wird großgeschrieben, schließen sich doch bis zu 15 Forschende in einem Spezialforschungsbereich zusammen. Im Mittelpunkt stehen oft multi- bzw. interdisziplinĂ€r angelegte Forschungsthemen. Ein ausgewogenes Konsortium an etablierten Forscher:innen sowie Nachwuchswissenschaftler:innen ist dabei ebenso ein zentrales Anliegen. Die finanziellen Mittel des Förderprogramms stammen vom Fonds Zukunft Österreich.

„Spezialforschungsbereiche vereinen in ihrem Fach fĂŒhrende Forschende aus Österreich und darĂŒber hinaus, um Wissen zu bĂŒndeln und so vielversprechende wissenschaftliche Herausforderungen anpacken zu können, die im Alleingang nicht erreichbar wĂ€ren“, so FWF-PrĂ€sident Christof Gattringer, der den frisch geförderten Forschenden herzlich gratuliert.

Die neuen SFBs im Überblick

Spezialforschungsbereich „GedĂ€chtnis in Epithelien: OrganspezifitĂ€t und Krebs“

PortrÀt Iris K. Gratz
Die Immunologin Iris K. Gratz koordiniert den neuen Spezialforschungsbereich „GedĂ€chtnis in Epithelien: OrganspezifitĂ€t und Krebs“, in dem Forschende der UniversitĂ€t Salzburg und Medizinischen UniversitĂ€t Wien zusammenarbeiten werden. © Simon Haigermoser

Die Zellen des Körpers können sich an frĂŒhere SchĂ€digungen oder EntzĂŒndungen „erinnern“. Dieses „EntzĂŒndungsgedĂ€chtnis“ wird durch epigenetische Lesezeichen auf der genetischen Information (DNA) der Zellen gespeichert und beeinflusst, wie stark der Körper spĂ€ter auf neue Herausforderungen reagiert. Chronische EntzĂŒndungen in Epithelien, also den OberflĂ€chenzellen unseres Körpers, tragen entscheidend zur Entstehung von bösartigen Tumorerkrankungen bei, die aus Epithelzellen hervorgehen und weltweit fĂŒr etwa 80 Prozent der KrebstodesfĂ€lle verantwortlich sind.

Wir wissen, dass verschiedene Organe (zum Beispiel Haut, Magen, Darm, Lunge, Leber) die Eigenschaften ihrer Zellen unterschiedlich prĂ€gen, aber wir verstehen noch kaum, wie genau die Umgebung eines Organs das GedĂ€chtnis beeinflusst, das nach einer EntzĂŒndung in den Zellen zurĂŒckbleibt. Genau hier setzt die Arbeit des Spezialforschungsbereichs „EpiFlaMe“ an: Das Forschungsteam wird die erste systematische molekulare Kartierung des EntzĂŒndungsgedĂ€chtnisses von Epithelzellen in verschiedenen Organen durchfĂŒhren. Um das zu erreichen, vereint das Konsortium Expert:innen an der UniversitĂ€t Salzburg und der Medizinischen UniversitĂ€t Wien aus den Bereichen Immunologie, Mikrobiologie, Krebsforschung und computergestĂŒtzter Systembiologie. Mithilfe von innovativen Organoid-Zellkulturen und In-vivo-Modellen werden die organspezifische GedĂ€chtnisbildung in Epithelien systematisch untersucht und ihre Auswirkungen auf EntzĂŒndungsprozesse und die Krebsentstehung erforscht.

Ziel des Spezialforschungsbereichs „EpiFlaMe“ ist es, die Grundlage fĂŒr zukĂŒnftige Therapien zu schaffen, um chronisch-entzĂŒndliche Erkrankungen zu behandeln und die Tumorbildung organspezifisch zu hemmen.

Koordination

Iris K. Gratz, Paris Lodron UniversitÀt Salzburg

Forschungsnetzwerk

Paris Lodron UniversitÀt Salzburg (Fritz Aberger, Nikolaus Fortelny, Iris K. Gratz, Dirk Schmidt-Arras, Silja Wessler)

Medizinische UniversitÀt Wien (Thomas Krausgruber, Philipp Starkl)

Fördervolumen

3,8 Mio. € / 4 Jahre Laufzeit

Spezialforschungsbereich „Quantensysteme von neutralen Atomen mit hoher KonnektivitĂ€t“

PortrÀt Thomas Pohl
Der Physiker Thomas Pohl koordiniert den neuen Spezialforschungsbereich „Quantensysteme von neutralen Atomen mit hoher KonnektivitĂ€t“, in dem Forschende des Institute of Science and Technology Austria (ISTA), der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der UniversitĂ€t Innsbruck sowie der UniversitĂ€t Wien zusammenarbeiten werden. © privat

Mithilfe von sogenannten Quantensimulatoren könnten sich in Zukunft komplexe PhĂ€nomene untersuchen lassen, die fĂŒr klassische Computer nur schwer oder gar nicht zugĂ€nglich sind. Auf dem Weg zu solchen Anwendungen spielen ultrakalte Atome und MolekĂŒle eine wichtige und vielversprechende Rolle: In aktuellen Experimenten lassen sie sich bei extrem niedrigen Temperaturen schon heute mit Laserlicht individuell und prĂ€zise manipulieren und so nach einem Baukastenprinzip zu großen Architekturen zusammenfĂŒgen. Um dieses Potenzial voll auszuschöpfen, wird es zukĂŒnftig notwendig sein, eine hohe Vernetzung und quantenmechanische VerschrĂ€nkung vieler, auch weit voneinander entfernter Teilchen zu erreichen.

Genau dies ist das Ziel des Spezialforschungsbereiches, in dem Wissenschaftler:innen aus Theorie und Experiment interdisziplinĂ€r an den Schnittstellen von Atomphysik, Quantenoptik und Vielteilchentheorie zusammenarbeiten. Mit der Realisierung und Untersuchung von Quantensystemen, die nun erstmals experimentell zugĂ€nglich werden, verspricht die geplante Kooperation nicht nur ein tieferes VerstĂ€ndnis von neuartigen MateriezustĂ€nden, sondern auch praktische DurchbrĂŒche auf dem Gebiet der Quantentechnologie.

Koordination

Thomas Pohl, Technische UniversitÀt Wien

Forschungsnetzwerk

Institute of Science and Technology Austria, ISTA (Julian Léonard)

Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hannes Pichler)

Technische UniversitÀt Wien (Tim Langen, Thomas Pohl)

UniversitÀt Innsbruck (Hannes Bernien, Francesca Ferlaino)

UniversitÀt Wien (Andreas Nunnenkamp)

Fördervolumen

4,1 Mio. € / 4 Jahre Laufzeit

Spezialforschungsbereich „Untersuchungen des Dunklen Universums“

Tim Schrabback und das Team des Spezialforschungsbereiches „Untersuchungen des Dunklen Universums“
Im Spezialforschungsbereich „Untersuchungen des Dunklen Universums“ arbeiten Forschende des Institute of Science and Technology Austria (ISTA), der UniversitĂ€t Innsbruck und der UniversitĂ€t Wien zusammen. © privat

Im Spezialforschungsbereich „Dark UNiverse Explorations” (DUNE)“ kooperieren Forscher:innen der UniversitĂ€ten Innsbruck und Wien sowie des Institute of Science and Technology Austria (ISTA). Eines der zentralen Ziele ist es, mehr ĂŒber die Dunkle Materie und die Dunkle Energie im Universum zu lernen. Zusammen machen diese unsichtbaren Komponenten 95 Prozent des Energiegehaltes des Universums aus, ihre jeweilige physikalische Natur ist aber immer noch weitgehend unbekannt. Weder die Dunkle Materie noch die Dunkle Energie können direkt beobachtet werden. Indirekt hinterlassen sie jedoch Signaturen, zum Beispiel in den Verteilungen und Eigenschaften von Galaxien, sowie in winzigen Verzerrungen der beobachteten Galaxienformen durch den Gravitationslinseneffekt. Der Vergleich von Galaxienbeobachtungen mit theoretischen Modellen kann also Licht ins Dunkle Universum bringen.

DUNE verwendet dazu Beobachtungsdaten der Euclid-Mission und des James-Webb-Weltraumteleskops. Im Rahmen internationaler Forschungskooperationen analysiert das DUNE-Team Euclid-Daten an der UniversitĂ€t Innsbruck und Beobachtungsdaten vom James-Webb-Weltraumteleskop am ISTA. Um RĂŒckschlĂŒsse auf die Eigenschaften Dunkler Materie und Dunkler Energie abzuleiten, werden die Ergebnisse der Beobachtungen mit simulierten „virtuellen Universen“ verglichen. Diese Simulationen werden an der UniversitĂ€t Wien (mit-)entwickelt und modellieren die kosmische Strukturbildung in diesen digitalen Nachbauten unseres Universums: COLIBRE ist ein Simulationsprojekt, in dem wenige, aber besonders detailreiche Simulationen realisiert werden. KomplementĂ€r dazu sind die Simulationen aus dem DISCO-Projekt, die schnell viele verschiedene Theorien austesten und dabei den neuen österreichischen Großrechner MUSICA verwenden können.

Der Spezialforschungsbereich DUNE öffnet fĂŒr Österreich ein neues Fenster zum Dunklen Universum und bringt uns der Antwort auf die grĂ¶ĂŸten Fragen der modernen Kosmologie einen Schritt nĂ€her.

Koordination

Tim Schrabback, UniversitÀt Innsbruck

Forschungsnetzwerk

Institute of Science and Technology Austria, ISTA (Jorryt Matthee), UniversitÀt Innsbruck (Sebastian Grandis, Laila Linke, Francine Marleau, Tim Schrabback), UniversitÀt Wien (Oliver Hahn, Sylvia Ploeckinger)

Fördervolumen

3,25 Mio. € / 4 Jahre Laufzeit

Weitere SFB-VerlÀngerungen

ZusÀtzlich zu den drei neuen Spezialforschungsbereichen verlÀngert der FWF die Förderung folgender bestehender Spezialforschungsbereiche um weitere vier Jahre mit einem Gesamtfördervolumen von 9,4 Millionen Euro:

Spezialforschungsbereich „Meiose“

Koordination: Verena Jantsch-Plunger, UniversitÀt Wien
Forschungsnetzwerk: Gregor Mendel Institut fĂŒr Molekulare Pflanzenbiologie der ÖAW, Institute of Science and Technology Austria (ISTA), Johannes Kepler UniversitĂ€t Linz, EuropĂ€isches Laboratorium fĂŒr Molekularbiologie (EMBL)

Spezialforschungsbereich „ComputergestĂŒtztes elektrisches Maschinenlabor“

Koordination: Annette MĂŒtze, Technische UniversitĂ€t Graz
Forschungsnetzwerk: Johannes Kepler UniversitĂ€t Linz, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Technische UniversitĂ€t Darmstadt

Über die Spezialforschungsbereiche

Mit einer Spezialforschungsbereich-Förderung können fĂŒnf bis fĂŒnfzehn Wissenschaftler:innen ein international sichtbares Forschungsnetzwerk bilden, um Forschungsfragen mehrheitlich an einem Standort zu vertiefen. Das Programm adressiert besonders multi- bzw. interdisziplinĂ€r angelegte Forschungsthemen. ForschungsstĂ€tten erhalten die Möglichkeit, mit einer SFB-Förderung exzellente Rahmenbedingungen fĂŒr vielversprechende Forscher:innen zu schaffen und das eigene Forschungsprofil zu schĂ€rfen. Das Programm wird mit Mitteln des Fonds Zukunft Österreich finanziert und kĂŒnftig vom neuen Förderprogramm „Spezialforschungsgruppen“ abgelöst.

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