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Genetische Determinierung des Toxingehalts in Cyanobakterien

Genotype determined toxin content in cyanobacteria

Rainer Kurmayer (ORCID: 0000-0002-2100-9616)
  • Grant-DOI 10.55776/P20231
  • Förderprogramm Einzelprojekte
  • Status beendet
  • Projektbeginn 01.07.2008
  • Projektende 31.12.2011
  • Bewilligungssumme 287.524 €
  • Projekt-Website

Wissenschaftsdisziplinen

Biologie (100%)

Keywords

    Toxingehalt, Gerichtete Mutagenese, Microcystin, Funktionelle Genetik, Nicht-Ribosomale Peptidsynthese, Cyanobakterien

Abstract Endbericht

Seit längerem ist bekannt, dass Algen Toxine produzieren. Im Pelagial von Binnengewässern und auch im Brackwasser zählen dazu vor allem Cyanobakterien, die unter eutrophen Umweltbedingungen Algenblüten bilden. Cyanobakterien zeichnen sich durch ihre Vielfalt in der Produktion an kleineren bioaktiven Peptiden aus, z.B. Microcystin (MC), Anabaenopeptin, Aeruginosin (sog. Cyanopeptide). Einzelne Isolate, die aus einer Wasserprobe isoliert wurden, können bezüglich ihres Gehalts an MC mindestens um das Zehnfache variieren. Die Faktoren für derartige genetisch bedingte Unterschiede im Toxingehalt sind nicht bekannt. Um den Einfluss der genetischen Determinierung auf den MC Gehalt zu untersuchen, soll ein Modellorganismus verwendet werden, der häufig in Binnengewässern der gemäßigten Klimazone vorkommt und dessen genetische Diversität in der Toxinsynthese bereits eingehend untersucht wurde. Für diesen Zweck wurde das Genom des Cyanobakteriums Planktothrix agardhii vollständig sequenziert, und insgesamt vier verschiedene Gencluster zur Synthese der einzelnen Peptide entschlüsselt (Microcystin, Aeruginosid, Anabaenopeptin, Cyanopeptolin). Die Beteiligung der Gene an der Synthese von Microcystin, Aeruginosid und Anabaenopeptin wurde bereits durch Insertionsmutagenese bewiesen. Anhand des Modellorganismus, soll (1) die Bedeutung natürlicher genetischer Variation innerhalb des Genclusters zur MC Synthese bezüglich des MC-Gehalts experimentell überprüft werden; (2) der Einfluss der Synthese verwandter Peptide auf die MC Synthese untersucht werden; (3) der Einfluss der Verfügbarkeit einzelner seltener Vorstufen auf die MC Synthese überprüft werden. Ad (1) werden einzelne Mutationen, die zuvor in Isolaten beobachtet wurden im Experiment wiederholt und die funktionellen Konsequenzen für den MC Gehalt analysiert. Einzelne variable Enzymdomänen sollen heterolog exprimiert und enzymkinetisch hinsichtlich der Km /Kcat Werte in vitro charakterisiert werden. Ad (2) soll der Einfluss der experimentellen Inaktivierung der Synthese einzelner Cyanopeptide auf den MC Gehalt in Wachstumsexperimenten unter limitierenden und nicht-limitierenden Licht- und Nährstoffbedingungen untersucht werden. Ad (3) sollen Vorstufen unter denselben limitierenden Bedingungen zugegeben werden, um die mögliche Limitierung der Synthese durch dieselben aufzuzeigen. Die Ergebnisse dieser Experimente liefern erstmalig Aufschluss über die Faktoren, die den MC Gehalt in der Zelle bestimmen.

Bedingt durch Eutrophierung und Temperaturerhöhung ist die Häufigkeit des Auftretens von schädlichen Algenblüten in Binnengewässern und in Küstengewässern generell im Zunehmen begriffen. Typisch ist, dass diese blütenbildenden Organismen aus einer Vielfalt von Genotypen bestehen, die für eine beachtliche Variation im Toxingehalt bzw. im Gehalt verwandter bioaktiver Peptide verantwortlich sind. Zum Beispiel variieren einzelne toxische Isolate des im Alpenraum häufigen blütenbildenden Cyanobacteriums Planktothrix (Oscillatoria) um mehr als eine Zehnerpotenz in ihrem Toxingehalt. Es war das Ziel dieses Projekts, anhand von 40 verschiedenen toxischen Isolaten die genotyp-spezifischen Faktoren, die für die zehnfache Variation im Gehalt des Hepatotoxins Microcystin verantwortlich sind zu identifizieren. Zum erstenmal konnte gezeigt werden, dass die Regulation von bestimmten Genen der Toxinsynthese zwischen Isolaten unterschiedlich ist und von speziellen Mutationen in den Genzwischenregionen abhängig ist. Zudem können die Unterschiede in der Transkriptmenge einzelner Toxingene einen signifikanten Anteil der Unterschiede im Toxingehalt zwischen den Isolaten erklären. Ausserdem zeigen Isolate mit einer 128-bp Deletion im intergenischen Bereich eine unterschiedliche Transkriptmenge und höhere Toxingehalte als Isolate ohne diese Deletion. Einzelne enzymatische Domänen dieser Synthesewege zeichnen sich durch eine bis jetzt unentdeckte Promiskuität in der Substratwahl aus, wodurch die Vielfalt der Strukturvarianten einzelner Molekülfamilien in Gewässern erklärt werden kann. Diese promiskuien Enzymdomänen waren für die Forschung an der sogenannten nicht-ribosomalen Peptidsynthese (z.B. in Zusammenhang mit Peptidantibiotika) bis jetzt unbekannt. Aus evolutionärer Sicht können diese promiskuien enzymatischen Domänen als Übergangsstadium in der Anpassung an eine neue oder modifizierte Funktion als Enzyminhibitor verstanden werden. Weiter wurde das Genom eines genetisch manipulierbaren Isolates zur Gänze assembliert und es konnten fünf Plasmide isoliert werden. Zwei dieser Plasmide wurden in einen biparentalen Vektor umgewandelt, der für die erleichterte genetische Manipulation dieser Organismen von herausragender Bedeutung ist. Es ist durch diese sogenannten Shuttle Vektoren möglich, einzene (neue) Gene einzuschleusen, zu komplementieren oder überzuexprimieren. In diesem Projekt konnte mit Hilfe dieser Methode die Spezifität eines Gens (eine Typ II Thioesterase) geklärt werden, welches zum Toxinsynthese Gencluster assoziiert ist. Überraschenderweise zeigen verschiedene Mutanten eines Isolates, für welches ein bestimmtes Toxin oder Peptid gentechnisch ausgeschaltet wurde, selbst unter nährstoff-reduzierten Bedingungen keinen Einfluss auf die Transkriptmenge oder den Gehalt der verbleibenden Toxine/Peptide im Vergleich zum Wildtyp. Dies bedeutet, dass die einzelnen Synthesewege für die Toxine/Peptide nicht von gemeinsamen limitierenden Ressourcen abhängig sind, sondern unabhängig durch die Transkriptmenge reguliert werden. Daraus folgt, dass die einzelnen Toxine/Peptide untereinander zwischen Isolaten frei austauschbar und kombinierbar sind, wodurch ihre Verbreitung z.B. durch horizontalen Gentransfer gefördert wird.

Forschungsstätte(n)
  • Österreichische Akademie der Wissenschaften - 100%
Internationale Projektbeteiligte
  • Thomas Hemscheidt, University of Hawaii at Manoa - Vereinigte Staaten von Amerika

Research Output

  • 672 Zitationen
  • 11 Publikationen
Publikationen
  • 2009
    Titel Occurrence of microcystin-producing cyanobacteria in Ugandan freshwater habitats
    DOI 10.1002/tox.20522
    Typ Journal Article
    Autor Okello W
    Journal Environmental Toxicology
    Seiten 367-380
    Link Publikation
  • 2009
    Titel Distribution and Abundance of Nontoxic Mutants of Cyanobacteria in Lakes of the Alps
    DOI 10.1007/s00248-009-9484-1
    Typ Journal Article
    Autor Ostermaier V
    Journal Microbial Ecology
    Seiten 323-333
    Link Publikation
  • 2016
    Titel Role of toxic and bioactive secondary metabolites in colonization and bloom formation by filamentous cyanobacteria Planktothrix
    DOI 10.1016/j.hal.2016.01.004
    Typ Journal Article
    Autor Kurmayer R
    Journal Harmful Algae
    Seiten 69-86
    Link Publikation
  • 2012
    Titel Spatial variation of phytoplankton composition, biovolume, and resulting microcystin concentrations in the Nyanza Gulf (Lake Victoria, Kenya)
    DOI 10.1007/s10750-012-1062-8
    Typ Journal Article
    Autor Sitoki L
    Journal Hydrobiologia
    Seiten 109-122
    Link Publikation
  • 2014
    Titel Elucidation of Insertion Elements Carried on Plasmids and In Vitro Construction of Shuttle Vectors from the Toxic Cyanobacterium Planktothrix
    DOI 10.1128/aem.01188-14
    Typ Journal Article
    Autor Christiansen G
    Journal Applied and Environmental Microbiology
    Seiten 4887-4897
    Link Publikation
  • 2010
    Titel Application of Real-Time PCR To Estimate Toxin Production by the Cyanobacterium Planktothrix sp
    DOI 10.1128/aem.02771-09
    Typ Journal Article
    Autor Ostermaier V
    Journal Applied and Environmental Microbiology
    Seiten 3495-3502
    Link Publikation
  • 2010
    Titel Spatial isolation favours the divergence in microcystin net production by Microcystis in Ugandan freshwater lakes
    DOI 10.1016/j.watres.2010.02.018
    Typ Journal Article
    Autor Okello W
    Journal Water Research
    Seiten 2803-2814
    Link Publikation
  • 2011
    Titel Genetic Variation of Adenylation Domains of the Anabaenopeptin Synthesis Operon and Evolution of Substrate Promiscuity
    DOI 10.1128/jb.00360-11
    Typ Journal Article
    Autor Christiansen G
    Journal Journal of Bacteriology
    Seiten 3822-3831
    Link Publikation
  • 2011
    Titel Quantitative PCR Enumeration of Total/Toxic Planktothrix rubescens and Total Cyanobacteria in Preserved DNA Isolated from Lake Sediments
    DOI 10.1128/aem.06106-11
    Typ Journal Article
    Autor Savichtcheva O
    Journal Applied and Environmental Microbiology
    Seiten 8744-8753
    Link Publikation
  • 2011
    Titel Spatial divergence in the proportions of genes encoding toxic peptide synthesis among populations of the cyanobacterium Planktothrixin European lakes
    DOI 10.1111/j.1574-6968.2011.02222.x
    Typ Journal Article
    Autor Kurmayer R
    Journal FEMS Microbiology Letters
    Seiten 127-137
    Link Publikation
  • 2011
    Titel THE TOXIC CYANOBACTERIUM NOSTOC SP. STRAIN 152 PRODUCES HIGHEST AMOUNTS OF MICROCYSTIN AND NOSTOPHYCIN UNDER STRESS CONDITIONS1
    DOI 10.1111/j.1529-8817.2010.00931.x
    Typ Journal Article
    Autor Kurmayer R
    Journal Journal of Phycology
    Seiten 200-207
    Link Publikation

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